„Wer recht in Freuden wandern will, der geht der Sonn entgegen.“ So könnte es in der Nähe von Dürscheid im bergischen Land öfter mal aus jugendlichen Kehlen der Mitglieder der evangelischen Volksjugend bei Wanderungen durch die Umgebung geschallt haben.
Rast werden sie im Haus „Am Winterberg“ oder auch bekannt als Haus Dürscheid gemacht haben. Das Gebäude gehörte seit 1899 der evangelischen Gemeinde Köln, die es der Jugendvereinigung ihrer Gemeinde als Ruheort, Besinnungs- und Gemeinschaftsort und Ausgangsort für gemeinsame Ausflüge zur Verfügung stellte. Sowohl männliche als auch weibliche Gruppen kehrten dort ein.
Im Zuge der Machtergreifung Hitlers und des bald darauffolgenden Gleichschaltungsgesetzes wurde die Evangelische Volksjugend aufgelöst und der Hitler Jugend einverleibt. Die evangelische Gemeinde Köln übernahm das Haus wieder und konnte festlegen, dass das Haus nur für Zwecke der Wohlfahrt genutzt werden dürfe.
Unterbringungsort für Flüchtlinge und Evakuierte im Zweiten Weltkrieg
Während des Krieges und bis in die 1950er Jahre hinein, diente das Haus als Unterbringungsort für Flüchtlinge und Evakuierte. Bemühungen der evangelischen Gemeinde, das Haus wieder als Freizeitheim für evangelische Jugendgruppen nutzen zu können, scheiterten. Die Gemeinde entschloss sich 1952 Gebäude und Grundstück an den Kirchenkreis Köln zu veräußern. Die Synode griff die Pläne der Gemeinde wieder auf und prüfte verschiedene Möglichkeiten das Haus wieder freizubekommen, um wieder ein Freizeitheim zu errichten. 1953 zog die letzte evakuierte Familie aus.
1955 wechselte das Gebäude noch einmal seinen Besitzer. Der Gesamtverband evangelischer Kirchengemeinden in Köln übernahm es. Dieser suchte einen Ort, an dem sich das Männerwerk und seine Arbeitsgruppen treffen konnten. Das Männerwerk richtete sich vor allem an den „im industriellen Leben stehenden Mann“, der sich „in seiner Kirche nicht mehr fremd fühlen“ sollte. Ob Lehrling oder Betriebsleiter, alle sollten im Männerwerk eine sie aufnehmende und ernstnehmende Gemeinschaft finden. Das Haus „Am Winterberg“ bot nun die Gelegenheit und den benötigten Platz für Seminare, Versammlungen und Freizeiten. Für diese Zwecke bedurfte es einiger Umbaumaßnahmen. Da es jedoch an ausreichend finanziellen Mittel von Seiten des Gesamtverbandes fehlte, nahmen die Mitglieder des Männerwerks das Projekt selbst in die Hand.
Männerwerk baut Waldheim in Eigenregie aus
In seiner Ansprache zur feierlichen Eröffnung des neuen Waldheims am 24.06.1956, bemerkte Pfarrer Walter Bienert (Beauftragter für Männerarbeit im Kirchenkreis Köln), dass „dieses Heim ein Zeugnis sei für die Eigenverantwortlichkeit in der Kirche“ (zitiert nach Ulrich Laug, Geschichte des Evangelischen Sozialwerks im Evangelischen Stadtkirchenverband Köln, S.10). Im Laufe der Zeit entstanden, auch wieder in Eigenleistung, ein Spielplatz, eine Waldbühne, ein Springbrunnen und auch die Pflege der Parkanlage wurde durch das Männerwerk organisiert.
Ab 1956 fand dort auch der Tag der Begegnung statt. Ein Fest für die ganze Familie, das am Himmelfahrtstag gefeiert wurde. Das Haus erfreute sich reger Beliebtheit, sogar Gruppen aus Berlin und dem Ausland wie bspw. England und Schottland kamen zu Besuch. Das Männerwerk ging schließlich im Sozialwerk des evangelischen Stadtkirchenverbandes auf. Dieses wiederum fusionierte 2004 mit der Melanchthon-Akademie.
Anfang der 2000er-Jahre wurde deutlich, dass das Haus „Am Winterberg“ nicht mehr den räumlichen Erfordernissen für Veranstaltungen des Stadtkirchenverbandes entsprach, so dass der Vorstand Dezember 2004 beschloss das Haus zu verkaufen.
Text: Stefanie Sternemann
Foto(s): Stefanie Sternemann
Der Beitrag Unsere Archivale im April: Haus Dürscheid – ein Zeugnis für Eigenverantwortlichkeit in der Kirche erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.